FREUNDIN 2008

”Neue Wege in die Leichtigkeit”
große Reportage: Früchtefasten auf La Palma 
Die Freundin-Redakteurinnen Gaby Fuhrmann und Irene Brandmaier
haben auf La Palma mitgefastet !
Zeitschrift Freundin 6/08
Abnehmen, entgiften, Energie tanken, den Kick für eine dauerhafte Veränderung bekommen – vom Fasten erhofft sich jeder was anderes. Auch unsere freiwilligen freundin-Testerinnen stellen sich der Herausforderung: Redakteurin Gaby Fuhrmann, 40 (nascht gern Schokolade, wollte schon als Kind lieber gefahren werden als selber laufen), will endlich ihre Leidenschaft für Süßigkeiten in den Griff kriegen. Schlank und schön werden – so lautet das Motto von Chefassistentin Irene Brandmaier, 56 (liebt Gourmetrestaurants, der Sportliche in der Familie ist ihr Mann). Im Alltag scheitern die Vorsätze an Disziplin, vielen Versuchungen, Stress, zu wenig Bewegung. Deswegen soll eine Woche Fastenwandern auf La Palma den Durchbruch bringen. Die Methode: nicht brachial, sondern sanft. Man darf essen, Obst oder Suppe, was einem mehr liegt. Wie es den beiden dabei ergangen ist, steht in ihrem Tagebuch: 


Unsere Autorinnen haben bei dem Dipl.-Ökotrophologen Ralf Moll vom Fastenzentrum Birkhalde gefastet. Prinzip: Je nach Ernährungstyp gibt’s Suppe, Saft oder Früchte. Jeden Tag wird 3 bis 4 Stunden gewandert, dazu kommen Gymnastik, Entspannungsübungen und Vorträge über gesunde Ernährung. 12 Tage kosten ab 1015 Euro, Flüge extra. Das Quartier,die „Residencia Las Norias“, liegt auf der sonnigeren Westseite von La Palma. Weitere Fastenwochen finden im Schwarzwald und in der Toskana statt. 

Tag 1 - Neue Wege in die Leichtigkeit

 
Gaby Fuhrmann: Schon bevor es losgeht, ist meine Laune mies. Zwei Entlastungstage habe ich hinter mir, und der Koffeinentzug schlaucht – Kopfschmerzen! Das Bordfrühstück lehne ich ab, bestelle Tomatensaft. Am Flughafen von Santa Cruz erwarten uns nicht nur 26 Grad und Sonne, sondern auch Fastenleiter Ralf Moll – Gott sei Dank kein sauertöpfischer Asket, sondern ein fröhlicher Rheinländer. Mit den anderen Neuankömmlingen fahren wir zu unserem Standort Las Norias im Westen der Insel. Irene und ich stürzen an den Pool, ich will unbedingt schwimmen – wer weiß, ob ich bald noch die Kraft dazu habe…
 
Irene Brandmaier: Am Abend trifft sich unsere 20-köpfige Gruppe zur Henkersmahlzeit: Minestrone mit Kräutern, ohne Salz. Ralf erklärt uns, wie die Woche mit Fasten, Reinigungsprozeduren und Wandern abläuft. Ich bin gespannt, wie mein Körper das alles finden wird. Später im Apartment: Auf dem Bett liegen Zungenschaber, Trockenbürste, ein Tütchen grüne Tonerde, die Säuren im Darm bindet, und Chlorella-Algenpillen für die Blutreinigung. Dazu noch ein 5-Liter-Kanister Wasser und diverse Teebeutel. Fasten scheint richtig Arbeit zu sein... 
 
 

Tag 2 - Fastenwandern

 
Gaby Fuhrmann: Dehnen, strecken, beugen, auf der Stelle laufen, und das zum 70er-Jahre-Disco-Sound. Dieser Frühsport gefällt mir! Auch das Fastenfrühstück hatte ich nicht so üppig erwartet: ein Teller, beladen mit Mango, Cherimoya, Maracuja, Kaktusfeige und Guave. Nach dieser Stärkung schnüren wir die Wanderstiefel. Es geht in Richtung Los Canarios im Süden der Insel. Wir marschieren bei bedecktem Himmel an Weinbergen vorbei und durch Kiefernwälder, um an unserem Ziel einen Blick auf die Vulkane San Antonio und Teneguía zu werfen – doch die Wolken machen uns einen Strich durch die Rechnung. Und dann fängt es auch noch an zu regnen. Im Eiltempo treten wir den Rückweg an. Erschöpft und klatschnass kommen wir in unserer Residencia an. Dort gibt’s Früchte und, weil alle so ausgekühlt sind, eine halbe Tasse Karottensuppe. Erst da fällt mir auf, dass ich während der Tour überhaupt keinen Hunger hatte, allerdings hab ich auch das Trinken vernachlässigt. Das muss besser werden! Nach einer heißen Dusche lege ich mich ins Bett und döse in null Komma nichts weg. Mein „Regenerationsprogramm“ unterbreche ich nur für das Abendessen: Die Küchenfeen Helga und Norbert haben für jeden einen wunderbaren Teller mit Tomaten, Paprika, Gurken und Zucchini angerichtet.
 
Irene Brandmaier: Als mein Wecker klingelt, ist es noch stockdunkel. Ich schnappe mir meinen Zettel mit dem täglichen Fastenablaufplan, und los geht es: einen Liter trinken vor dem Frühstück, im Verhältnis 2/3 Wasser, 1/3 Tee. Das erste Glas flutscht noch, aber dann muss ich mich ganz schön anstrengen. Aber es soll ja entgiften und den Hunger dämpfen. Dann folgen 10 Minuten Trockenbürsten, ein Gläschen mit Tonerde, der ayurvedische Zungenschaber … Zur Gymnastik um 8.30 Uhr komme ich fast zu spät. Das Regenwetter ist nicht gerade das, was man sich für eine Wanderung durch den Nationalpark wünscht, aber die traumhafte Route durch Weinberge, blühende Mandelhaine und Kiefernwälder entschädigt mich später dann doch. Ralfs Vater kommt mit einem Kleinbus, um die mitzunehmen, die nicht mehr laufen wollen und können. Ich beiße die Zähne zusammen, obwohl meine Beine was anderes wollen … Ein feuchtes Handtuch auf den Bauch, Wärmflasche drauf und gemütlich auf dem Bett liegen – am Nachmittag „zwingt“ mich der Leberwickel zum Relaxen. Es macht mir überhaupt nichts aus. 
 
 

Tag 3 - Fastenwandern

Gaby Fuhrmann: Gerädert wache ich auf. Alle Knochen tun mir weh. Wie, bitte schön, soll ich heute wandern gehen? Aber kneifen ist nicht … Diesmal starten wir auf einem Rundwanderweg bei El Paso. Langsam kommt mein Körper auf Betriebstemperatur – und dann ganz schnell auch drüber. Bei einem 40-minütigen Anstieg geht mir die Puste aus. Und nicht nur mir: Ein paar andere machen auch schlapp. Ralf ist kein Drill-Sergeant, er motiviert uns auf subtilere Art: Gerade als ich mich zu fragen beginne, ob ich diese Wanderung überhaupt überleben werde, höre ich ihn rufen: „Der Anstieg hier ist ein prima Fatburner!“ Fatburner? Ich mobilisiere meine letzten Kräfte und schleppe mich nach oben.
 
Irene Brandmaier: Halleluja, das Schlimmste ist geschafft, danach geht’s nur noch bergab. Am Nachmittag gönne ich mir eine Massage bei Anasha, die Ayurveda-Masseurin ist. Ich bin danach so entspannt, dass ich nur unter Schwierigkeiten aufstehen und mich anziehen kann. Dem Nirwana nahe schwebe ich zurück.
Heute Nacht wütete ein richtiges Unwetter, in den Bergen hat es sogar geschneit. Während uns das Wasser vom Regenumhang tropft, essen wir unsere mitgebrachte Banane. Einmal mehr lenkt mich die prachtvolle Pflanzenwelt von meinem knurrenden Magen ab: blühende Mandelbäume, Ginster, Agaven, mannshohe Kakteen. Aber ich kann es nicht ignorieren: Ich friere und habe Hunger! Der Rückweg kommt mir ewig vor, ich freue mich auf warmen Tee und leckere Gemüsesuppe. 
 
 

Tag 4 - Fastenwandern

Gaby Fuhrmann:  Um 5 Uhr früh werde ich wach und fühle mich großartig. Die bleierne Müdigkeit und der Muskelkater – weg! Trinke locker 1,5 Liter Wasser vor dem Frühstück. Hungergefühle? Kenne ich nicht mehr, und auch bei der Wanderung spüre ich eine ungeahnte Energie. Von El Pinar aus wollen wir zum Torre del Time, der auf 1200 Meter Höhe am Kraterrand der Caldera de Taburiente, dem Herzstück der Insel, liegt. Zuerst wandern wir durch die prächtige Natur, dann beginnt ein steiler Aufstieg über Felsbrocken. Oben angekommen haben wir eine überwältigende Aussicht in den größten Erosionskrater der Welt mit seinen grünen Tälern und bizarren Felswänden.

Irene Brandmaier: Irgendwie komme ich mir heute früh schlanker vor. Nachprüfen kann ich es leider nicht, da es hier keine Waage gibt. Aber ist wohl besser so, wir sollen ja loslassen und nicht an Kilos und Kalorien denken. Heute scheint endlich wieder die Sonne, am Nachmittag wollen wir ans Meer. Aber ich mache es dann wie die meisten, schnappe mir meine Wärmflasche und lege mich mit Leberwickel an den Pool. Der Körper nimmt sich offensichtlich, was er braucht: Ruhe. Vom berühmten Fasten-High bei mir keine Spur … Mein Highlight des Tages kommt am Abend: Qigong und Entspannungsübungen mit Anasha bei Kerzenlicht und wunderschöner Musik.
 
 

Tag 5 - Fastenwandern

Gaby Fuhrmann: Das Hungergefühl ist immer noch nicht wiedergekehrt, und selbst die Früchteteller sind für mich jetzt zu reich bestückt! Beim Frühstück verschenke ich einen Teil meiner Ration … Wir laufen auf der Cumbre Nueva an riesengroßen Lorbeerbüschen vorbei nach Norden in Richtung Caldera. Die Strecke ist wieder leichter, dafür aber 13 Kilometer lang … Nach dem Mittagessen fahren Irene und ich nach Puerto Naos. Den Nachmittag verbringen wir am schwarzen Sandstrand unter Palmen, genießen die Sonne und lauschen den Wellen. Die Cafés auf der Promenade würdigen wir keines Blickes.

Irene Brandmaier: Heute Nacht habe ich von einer Currywurst geträumt und bin aufgewacht, weil ich sie auch noch gerochen habe! Das Hungergefühl sollte am 5. Tag zwar weg sein, aber ich habe heute einen richtigen Einbruch. Bringe den Liter Flüssigkeit morgens kaum runter, und die Wanderung kostet mich alles! Dabei hat Ralf heute eine – wie er sagt – gemäßigte Tour ausgesucht. Ich bin heilfroh, als wir wieder am Bus sind. Wie zum Dank für mein Durchhalten reißt der Himmel auf und die Sonne kommt raus. Am Meer lege mich in den warmen Lavasand. Ein wunderbares Gefühl – und das beste Mittel gegen mein ständiges Frösteln! 
 
 

Tag 6 - Fastenwandern

Gaby Fuhrmann: Heute geht’s in das Reich der Drachenbäume. In Las Tricias steigen wir einen Pfad hinab, an blühenden Mandelbäumen vorbei. Mittags kehren wir bei Werner ein, einem Aussteiger, der zum Top-Tortenbäcker der Insel avanciert ist. In seinem Garten lassen wir uns Obstsalat und frisch gepressten Orangensaft schmecken. Ob seine Torten auch so lecker sind, erfahren wir leider nicht … Der Rückweg führt nach oben über steile Felstreppen: Da kommt der Stoffwechsel auf Touren, Schweiß rinnt. Zur Belohnung habe ich mich noch mal zur Massage angemeldet. Diesmal bei Karina, die hier eine Praxis für alternative Heilverfahren betreibt. Wieder erlebe ich Entspannung pur, spüre das warme Öl auf meiner Haut und Hände, die mit geübten Griffen Blockaden in meinem Inneren lösen.

Irene Brandmaier: Der letzte Wandertag bietet eine Traum-Tour! Es riecht nach wildem Fenchel und Melisse, und wir sind überwältigt von der Aussicht. Wir bestaunen die weit über 100-jährigen Drachenbäume und besichtigen die Höhlen der Guanchen, der Ureinwohner der Insel. Unsere Pause verbringen wir quasi im Garten Eden: Kamelien und wilde Lilien wachsen zwischen Orangen- und Zitronenbäumen, die voller Früchte hängen. Wir sitzen neben mannshohen Geranienbäumen und Magnolienbüschen. Was ich hier merke: Mein Geruchssinn ist viel sensibler geworden! Ich nehme mir zwei Zitronen mit, um immer mal wieder an ihnen zu riechen. 
 

Tag 7 - Fastenwandern

Gaby Fuhrmann: Vor einer Woche unvorstellbar: Mir fehlt die Wanderung! Es ist „Stadttag“, und wir fahren nach Los Llanos, in die zweitgrößte Stadt der Insel. Zunächst besuchen wir die Markthalle, wo es so wunderbare Dinge gibt wie frischen Fisch, Bio-Brot oder geräucherten Ziegenkäse. Vor allem Letzterer hat es mir angetan, aber ich bleibe standhaft und kaufe nur getrockneten Oregano und ein Glas Honig. Dann setze ich mich von der Truppe ab. Als ich an einer Bäckerei vorbeikomme, aus der es nach Süßem duftet, führt mich das kein bisschen in Versuchung. Ich beschließe: Ich mache mit dem Fasten noch ein paar Tage weiter.

Irene Brandmaier: Mittags sitzen wir mit unseren Beutetüten vom Shoppen auf der Plaza von Los Llanos und essen unser Früchte-Lunchpaket – und reden wieder nur vom Kochen und Essen! Das scheint bei allen Fastengruppen so zu sein, manche lesen dabei sogar Kochbücher, erzählt Ralf … Wir philosophieren, wie der beste Schweinebraten geht, tauschen uns über die schwäbische Küche aus. Nur eine Sache interessiert mich langsam noch mehr als Rezepte: Ich will mich endlich wiegen. 
 
Fastenerfahrung - Wieder zu Hause
Seit einer Woche bin ich wieder zurück in München. Ich habe in Eigenregie weitergemacht und vor zwei Tagen mit dem Abfasten begonnen. Mein „süßer Zahn“ ist weg, ich fühle mich wie neugeboren, bin voller Energie und habe eine unbändige Lust, mich zu bewegen. Nach Jahren habe ich meine Laufschuhe rausgekramt und mich auf den Weg gemacht. Und: Die Waage zeigt 6 Kilo weniger – toll! Mit Sicherheit aber nicht das Wichtigste, das ich aus dieser Woche mitnehme....
 
Zum Einlesen Buch: „Typgerechtes Fasten leicht gemacht“ von Ralf Moll (Trias, 12,95 Euro). Mehr Info gibt’s unter Tel. 0 74 54/9 27 90 oder www.typfasten.de 

Hier finden Sie die ausführlichen Tagebücher von Irene Brandmaier und Gaby Fuhrmann
https://www.freundin.de/leben-reise-reise-neue-wege-in-die-leichtigkeit-47459.html